„Zwei Welten, ein Bündnis“

Bihler of America - Eine Erfolgsstory mit Zukunft

Innovativer, präziser deutscher Maschinenbau trifft mit amerikanischem Erfindungsgeist und Erfahrungen von Bihler of America (BOA) zusammen, um den riesigen nordamerikanischen Markt zu unterstützen. 1976 von Otto Bihler, Barry Littlewood und Vulgens Schön in New Jersey als Vertriebsunternehmen gegründet, hat sich Bihler of America zu einem führenden Anbieter von Komplettlösungen auf dem neuesten Stand der Technik entwickelt. Bihler of America ist eine Erfolgsgeschichte mit interessanter Zukunft.

Maxine Nordmeyer, CEO und geschäftsführende Gesellschafterin, Mathias Bihler, Präsident von BOA und CEO der Otto Bihler Maschinenfabrik (Bihler), und Andreas Strobl, Director of Operation and Sales, im Interview über Unternehmensentwicklung, Marktbesonderheiten und aktuelle Strategien.

Was zeichnet Bihler of America aus?

Maxine Nordmeyer: Seit mittlerweile 46 Jahren ist BOA ein strategischer Partner für Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen. Vom kleinen Familienunternehmen über OEMs und Tier-1- bis Tier-3-Zulieferern in der Automobilindustrie, Bauwirtschaft, medizinischer Industrie oder Elektrotechnik – wir verstehen uns als Partner, der im Austausch mit den Kunden schlüsselfertige Lösungen anbietet. Gerade im Hinblick auf die Schwierigkeiten mit Lieferketten in den letzten Jahren sehen wir es als unsere Aufgabe und Chance, Unternehmen zu unterstützen, ihre Fertigung effizient zu gestalten. Unsere Erfahrung zeigt, dass das der beste Weg zum Erfolg ist.

"Ich sehe uns auf dem richtigen Weg, gemeinsam mit unseren Kunden erfolgreich weiterzuwachsen." Maxine Nordmeyer

Mathias Bihler: Beim Kunden vor Ort zu erkennen, was er benötigt, um erfolgreich zu sein, ist Teil der Bihler-DNA. Das ist die beste Möglichkeit, die spezifischen Produktionsbedarfe zu identifizieren und zu verstehen. Auch wenn sich durch die Produktionsverlagerungen nach Mexiko und Asien über die Jahre neue Herausforderungen ergeben haben, werden Werte wie Qualität, Integrität und Zusammenarbeit nach wie vor geschätzt. Sowohl Familienbetriebe als auch Konzerne, die sowohl hier wie dort Produktionsstätten haben, wissen um die Bedeutung und finanziellen Vorteile der zuverlässigen und kompetenten Betreuung vor Ort. BOA spielt eine entscheidende Rolle in der erfolgreichen Kundenbetreuung in Nordamerika.

"Die direkte Zusammenarbeit mit unseren Kunden vor Ort war schon immer Teil der Bihler-DNA. Das gibt uns die beste Möglichkeit, die spezifischen Produktionsbedürfnisse unserer Kunden zu identifizieren und vollständig zu verstehen." Mathias Bihler

Andreas Strobl: Das Vertriebsgebiet von BOA reicht von Kanada über die Vereinigten Staaten bis nach Puerto Rico. Der Vorteil unseres Hauptstandorts in Phillipsburg, New Jersey, liegt in der Nähe zu internationalen Flughäfen und Häfen. Das erleichtert es, Ersatzteile oder Maschinen von Deutschland zu importieren. Von hier aus bieten wir ebenfalls Beratungs-, Entwicklungs- und Fertigungsservice an. Zudem haben wir zwei zusätzliche BOA-Vertriebsbüros: Eines betreut die Automobilbranche in Nord- und Süd-Carolina, Tennessee und Georgia. Das zweite arbeitet daran, unsere Kontakte in und um Chicago sowie in der Great-Lakes-Region auszubauen.

"Wir wollen die einzige Anlaufstelle für Kunden sein, wo sie alles finden können, was sie brauchen, und sich damit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen können." Andreas Strobl

Beschreiben Sie die Beziehung zwischen der Otto Bihler Maschinenfabrik, Deutschland, und Bihler of America. Wo liegen die Gemeinsamkeiten, wo die Unterschiede?

Maxine Nordmeyer: Während die Otto Bihler Maschinenfabrik in Deutschland große Ressourcen in die Entwicklung und den Bau von Innovationen investiert, konzentrieren wir uns in den Vereinigten Staaten darauf, das Bihler-Maschinenbau-Know-how für Nordamerika zu testen, anzupassen und zu vertreiben. Dabei arbeiten wir in enger Partnerschaft mit den deutschen Kollegen zusammen, um sicherzustellen, dass unsere Lösungen den Spezifikationen unserer Kunden entsprechen. Viele unserer europäischen Kunden haben Niederlassungen in Nordamerika, und die Vorarbeit dort erweist sich für uns beim Knüpfen neuer Kontakte als sehr wertvoll. Darüber hinaus können wir auf eine große Palette an Referenzen verweisen, die belegen, dass die Bihler-Technologie die versprochenen Vorteile auch tatsächlich erbringt. Unser Ziel ist es, unsere internationale Allianz auszubauen, um den Bihler-Kunden einen nahtlosen globalen Service bieten zu können.

Mathias Bihler: BOA ist umgekehrt auch für uns in Deutschland Impulsgeber. Hier kann BOA Gespräche bei Kunden führen und uns wesentliche Informationen geben, die wir sonst nicht in dieser Weise erhalten könnten. Wenn es darum geht, Bihler-Technologie live zu erleben, bietet Phillipsburg die beste Gelegenheit, sich mit eigenen Augen zu überzeugen. Und die Praxis zeigt, dass nicht selten neue eingeführte Technologien in den nordamerikanischen Produktionsanlagen nachfolgend auch Bedürfnisse bei den Schwester- oder Muttergesellschaften in Europa befeuern. Letztlich ist es also gleich wo, wir haben alle dieselbe Aufgabe: Kunden mit Bihler-Technologie erfolgreich zu unterstützen und damit Vertrauen aufzubauen und eine langfristige Beziehung zu generieren.

Wie hat sich das Angebot von Bihler of America an seine Kunden über die Jahre entwickelt?

Andreas Strobl: Im Mittelpunkt stand und steht die Bihler-Maschinentechnologie. Wir haben mit dem reinen Verkauf von Maschinen mit eingeschränktem Kundenservice begonnen. Heute bieten wir Komplettlösungen mit erweitertem Kundenservice an. Das kann Produktdesign, Prototyping mit 3D-Druck und Modellierung, Werkzeugbau, Systementwicklung und -bau, Ersatzteile, Kundenschulungen und Service in der Produktionskapazität umfassen. Mit der Umstellung von mechanischer auf die neueste Bihler-NC-Technologie mit unserem LEANTOOL-Prinzip profitieren die Kunden von optimaler Flexibilität, kürzeren Rüstzeiten, kürzeren „Time to market“-Zeiten und höherer Produktivität. Wir wollen ein One-Stop-Shop sein, in dem unsere Kunden alles finden können, um wettbewerbsfähig sein zu können.

Welche Bedeutung hat die 4 Slide-NC Maschine für Bihler of America und den nordamerikanischen Markt?

Maxine Nordmeyer: Die 4 Slide-Technologie ist eine der ältesten Stanz- und Umformtechnologien weltweit. Es gibt eine große Anzahl an Unternehmen in den Staaten, die derartige Maschinen auch heute noch betreiben. Deren Problem: Die Unternehmen haben große Lager mit teuren Werkzeugen, aber einen Mangel an notwendigen Ersatzteilen und erfahrenen Ressourcen, um die Maschinen nachzurüsten und zu warten. BOA hat eine signifikante Marktlücke erkannt und die Bihler 4 Slide-NC Maschine speziell für den nordamerikanischen Markt entwickelt, die wir „Baby-Bihler“ nennen. Sie spielt hier eine sehr wichtige Rolle und gibt unseren Kunden ein Konzept, mit dem sie vielseitiger werden, höhere Taktraten fahren und ihre Arbeitsabläufe rationalisieren können. Und das Beste, sie können auch ihre alten Werkzeuge weiterverwenden.

Andreas Strobl: Dank der Servo-Technologie können wir eine Verdoppelung der Geschwindigkeit versprechen. Was wie Magie klingt, ist reine innovative Servo-Mechanik in Kombination mit schnell wechselbarem Werkzeug und unserer hochleistungsfähigen VariContol-Steuerung. Und auch die Umstellung von einem Werkzeug auf ein anderes geht innerhalb von ein bis zwei Stunden. Wenn überhaupt möglich, dauerte das zuvor mehrere Tage. Wir haben Kunden, die 50 alte Maschinen durch 14 der 4 Slide-NC-Maschinen ersetzt haben und damit deutlich Arbeitsabläufe und Produktivität optimieren. Das Potenzial im US-Markt für die Bihler 4 Slide-NC ist enorm. Gleichzeitig kann sie auch Türöffner für weitere neue Bihler-Technologien sein. Sind Kunden davon überzeugt, sind sie auch interessierter, wenn es darum geht, welche weiteren Möglichkeiten sich ihnen in ihren Geschäftsfeldern mit anderen Bihler-Maschinen eröffnen.

Mathias Bihler: Die amerikanischen Kunden – und nicht nur die – schätzen es, funktionierende Lösungen für ihre Bedarfe zu bekommen, ganz ohne eigenes Entwicklungsrisiko. Insofern besteht ein Großteil unserer Kundengespräche in Beratung, wie sich deren Produktion und Prozesse zukunftsorientiert optimieren lassen. Dann, und nur dann können wir technische Lösungen für ihren zukünftigen Produktionsbedarf anbieten. Dieser Prozess basiert auf Respekt und Vertrauen, das dauert Jahre. Insofern sind langfristige Kundenbeziehungen für beide Seiten vorteilhafter als ein schneller Geschäftsabschluss. Dieser Austausch, das Wissen um die Bedarfe, ist es auch, der die Unternehmen in die Lage versetzt, tagtäglich Produktivität zu liefern. Es geht also nicht um kurzfristige Quantität, sondern um die Qualität – technologisch und kommunikativ. Ein wichtiger Punkt ist daher der Support, den Bihler und BOA bieten.

Welches Serviceangebot macht Bihler of America seinen Kunden?

Maxine Nordmeyer: Unsere gut ausgebildeten Techniker bieten ein vollständiges Kundenservice Portfolio an. Aktuell ist unser Consulting auf eine Produktentwicklung für materialkostengünstige Lösungen fokussiert. Wir halten Ersatzteile für rund zwei Millionen US-Dollar für alle Arten von Maschinen auf Lager vor. Diese sind für kurzfristige Lieferungen. Somit sind lange Lieferzeiten oder Zollabfertigung kein Thema. Aufgrund des Fachkräftemangels besteht ein hoher Bedarf an Automatisierungslösungen. Das macht unser Retrofit Programm zu den am schnellsten wachsenden Serviceangeboten bei BOA. Der Aufwand für das Retrofit Programm hängt vom Zustand der bestehenden Maschine, der Kundenspezifikation und den verschiedenen Optionen des Kontrollsystems ab. Bestehende Kundenmaschinen werden mit unseren Control Systemen (z. B. VC 1) überholt und modernisiert. Dieses beinhaltet das Monitoring und die Netzwerkfähigkeit für den digitalen Remote Service. Retrofits können sowohl bei uns im Haus als auch beim Kunden vor Ort durchgeführt werden. Alle mit unserem Retrofit Programm erneuerten Maschinen erhalten eine Bihler Retrofit Maschinengarantie. Es geht hier darum, alten Maschinen ein neues Leben zu geben und mit unseren Bihler-Technologien neue Möglichkeiten zu schaffen.

Teilefertigung für Kunden, wie zum Beispiel Schalter, gehört zum Geschäftsfeld von Bihler of America.

Bihler of America fertigt auch Teile für andere Unternehmen. Ist das als Maschinenbauer ein Widerspruch?

Andreas Strobl: Im Gegenteil. Hier in Nordamerika kommt das sogar sehr gut an. Wir haben größere Produktionsverträge, in denen wir komplexe Teile und Baugruppen für elektrische Geräte, chirurgische Nadeln und Batteriepacks herstellen. Das hat sich zum Teil schon vor über 35 Jahren ergeben, als wir die Maschinen zum Testlauf bei uns aufgebaut haben. Während der letzten Testläufe der Maschine bei BOA wurden wir von unserem Kunden gefragt, ob es nicht möglich wäre, die Produktion zu übernehmen, da sie zu der Zeit selbst nur eine begrenzte Produktionskapazität hatten. Dieser Service ist für unseren Kunden ein sehr großer Benefit. Speziell in der Start-up Phase ist es eine hervorragende Plattform, um unsere Kunden zu schulen. So haben wir seitdem auch die Gelegenheit, potenziellen Neukunden die Leistungsstärke unserer Technologielösungen live vorzuführen, sofern der Kunde es gewährt. Aus meinen Jahren als Vertriebsleiter in Europa weiß ich, dass diese Fertigung in Europa als Wettbewerb aufgefasst wurde. In Nordamerika sieht man das ganz anders. Wir gehen sehr offen mit diesem Service um und heißen jeden willkommen, um jegliche Fragen zu beantworten.

Welche Herausforderungen stellt der nordamerikanische Markt an Bihler of America? Und wie gehen Sie diese an, um Ihre Ziele zu erreichen?

Andreas Strobl: Nordamerika kämpft mit einem Rückgang an qualifizierten Arbeitskräften. Zum einen kommen immer weniger nach, zum anderen sind durch die Corona-Pandemie viele erfahrene Kräfte vorzeitig in den Ruhestand getreten und stehen den Unternehmen nun nicht mehr zur Verfügung. Wenn also Bihler-Technologie die Automatisierung in der Produktion vorantreibt, ist das sehr attraktiv. Aber auch unsere Lösungen benötigen Mitarbeiter mit Know-how. Daher haben wir als eines von wenigen Unternehmen in New Jersey seit Jahren ein Ausbildungsprogramm geschaffen, in dem wir dem Nachwuchs die nötigen Fähigkeiten und Fertigkeiten näherbringen, um mit der Bihler-Technologie arbeiten zu können. Dabei arbeiten wir eng mit örtlichen Gymnasien, Berufsschulen und Universitäten zusammen, um den Erfolg des Programms zu gewährleisten.

Mathias Bihler: Die Pandemie, der Wandel im Automobilsektor und nun der Krieg in der Ukraine haben uns alle vor Herausforderungen bei Materialversorgung und steigenden Energiekosten gestellt. Hinzu kommt die Anforderungen an die CO2-Neutralität, und somit die Unsicherheit, wie diese in der Automobilindustrie und Energie-Industrie umgesetzt wird. Mangel an Rohmaterial, Mikrochips und Energie (Öl, Gas etc.) hat uns die Konsequenz dieser Abhängigkeit gezeigt. Daher müssen Unternehmen ihre Business-Strategie neu bewerten. Wir beobachten derzeit sowohl in Europa als auch in Nordamerika einen Trend, bei dem die Unternehmen die Bedeutung ihrer lokalen Lieferantenbasis erkennen. In Europa nennen wir dieses Geschäftsmodell „Local to Local“. Produktionen kommen zurück in ihre lokalen Märkte und stellen die Stabilität und Nachhaltigkeit ihrer Geschäfte sicher. Gleichzeitig reduzieren sie ihren CO2-Footprint. Die Produktion, die in den vergangenen fünf Jahren ohne große Überlegungen ins Ausland verlagert wurde, wird nun regional durchgeführt. Wir sehen das als große Chance, unsere Partner dabei mit unseren Technologielösungen zu unterstützen, und wir erleben bereits den Benefit in den Bestellungen neuer Maschinen.

Wo sehen Sie Bihler of America mittelfristig in der Zukunft?

Maxine Nordmeyer: Durch die Weiterentwicklung der Bihler-Technologie und die Erweiterung unseres Kundenservice werden wir zukünftig noch mehr in der Lage sein, unsere Kunden zu unterstützen. Unser Ziel ist es, in der Zukunft ein noch stärkerer Partner zu sein. Wir wollen, dass unsere Kunden zuerst an uns denken, wenn es um deren zukünftige Projekte geht. Aktuell arbeiten wir mit unseren deutschen Kollegen an der Steigerung der Leistungsfähigkeit unseres digitalen Remote Service bei BOA. Durch die Service-Hotline ist es möglich, dass unsere Techniker mit der AR- und VR-Technologie 24/7 eine unmittelbare Unterstützung leisten können. Diesen Service bietet Deutschland bereits. Zusätzlich planen wir hier in Phillipsburg ein Kundentrainings-Center. Hier können Kunden sich über die neueste Bihler-Technologie informieren, ihre Produkte analysieren und Personal weiterbilden. Wir wollen mit unserer Philosophie verdeutlichen, dass Bihler of America ein Partner für Produktionsunternehmen ist, der sie von Anfang an begleitet und sie in ihren Prozessen unterstützt. Das geht Schritt für Schritt, und ich sehe uns auf dem richtigen Weg, gemeinsam mit unseren Kunden erfolgreich weiterzuwachsen.

#FOKUS

> mehr
<
>